Freitag, Januar 28, 2005

Islam und Armut in China

Heute war mal wieder multikulturelle Erfahrungssammlung dran. D.h., ich bin mit dem bahrainischen Kommilitonen Jasser in die Moschee in Nanjing gegangen. Natürlich sieht "die Regierung" es lieber, wenn man Atheist ist, aber es gibt auch keine weiteren Probleme, wenn sich die Mosleme zum Freitagsgebet versammeln wollen.

Deshalb hat Jasser mir gezeigt, wie man sich vorher wäscht (Hände, zweimal den Mund ausspülen, zweimal durchs Gesicht, die Unterarme nebst Ellbogen und dann muss man noch so eine Bewegung machen, in der man erst das Gesicht berührt und sich dann runter zu den Füßen beugt - das war der schwerste Part!). Darauf sind wir dann zur Moschee gefahren und haben dort andere Araber getroffen, die hier studieren: aus Jemen, Marokko, usw. Die meisten waren natürlich Chinesen und für mich gab es bislang nichts, was eklektischer wäre, als als Schleswig-Holsteiner in einer (500 Jahre alten) Moschee in Nanjing von einem Chinesen mit "Salam Aleikum" begrüßt zu werden. Mehr kann man kaum verlangen.

Es gab eine kurze Predigt auf arabisch und chinesisch, die ich zu einem geringen Teil verstanden habe (es ging um die Ummah) und dann gab´s das Freitagsgebet. Das hört sich ungefähr an, wie das Vaterunser in der Kirche. Nur wird dort nicht mit dem Gesicht zum Boden gebetet.

Das ist für mich also ein Symbol gewesen für die Multikulturalität, die hier in China vorzufinden ist, mit den 55 Minoritäten und den vielen Religionen und Kulturen. Auf dem Rückweg habe ich dann noch den symbolischen Bettler gesehen, der von dem übergroßen Maß an Elend und Armut zeugt, welches ebenso stets zu sehen ist.

Da er nicht laufen konnte, musste er auf allen Vieren mit dem Kopf voran die Treppen herabsteigen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie schlimm es einem noch gehen kann und welche Erniedrigungen ein Mensch erleiden muss, weil niemand - auch nicht die staatlichen Organe - sich um ihn kümmert.

Was man sich bei uns auch nicht vorstellen kann: Vor der deutschen Bäckerei sitzt immer ein Mädchen - vielleicht zehn Jahre alt - und bettelt. Sie kann nicht laufen und sitzt deswegen auf deinem Brett mit vier Rollen, auf dem sie dann durch die Straße rollert mit Hilfe von zwei Steinen, mit denen sie sich abstößt.


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